Eleonore Wiesinger

Kunsthändlerin

Interview

Im gediegenen Ambiente ihres Hauses in Wels lebt Eleonore Wiesinger, die „Grande Dame“ des österreichischen Antiquitätenhandels. Mit feinem Lächeln und einem Blitzen in ihren Augen erzählt sie ihre Lebensgeschichte, die wirklich außergewöhnlich ist. Geboren in Pregarten im Mühlviertel, heiratete sie bereits mit 21 Jahren nach Wels und arbeitete vorerst im Betrieb ihres Mannes.

Doch schon bald entdeckt sie ihre Liebe zur Kunst und schönen Dingen, erwirbt den Gewerbeschein und beginnt mit Antiquitäten zu handeln. Die ersten Jahre konzentriert sie sich auf Volkskunst und Bauernmöbel, doch bald steigert sie die Qualität des Angebots und verlegt sich auf furnierte Möbelstücke des 18. und 19. Jahrhunderts. Damals war es als Frau enorm schwer, sich in einer männerdominierten Branche durchzusetzen, viele Händler trauen ihr das schwierige Geschäft nicht zu, doch mit großer Liebe zum Detail und intensiven Studien verschafft sich Eleonore Respekt und Anerkennung.

Eine zündende Idee bringt den verdienten Durchbruch, in Zeiten des kalten Krieges bricht sie hinter den „Eisernen Vorhang“ auf und beginnt in der damaligen Tschechoslowakei über eine staatliche Firma Ware einzukaufen. „Es waren abenteuerliche Zeiten, meinen ersten Tabernakelschrank habe ich auf dem Rücksitz meines Topolinos nach Wels transportiert.“ Ihr Mut macht sich bezahlt, auf Messen glänzt Eleonore mit Topstücken zu moderaten Preisen, was ihr innerhalb kurzer Zeit einen ausgezeichneten Ruf einbringt „Seriosität und hohe Qualität sind das Um und Auf in meinem Geschäft, wenn man diese Dinge beherzigt, kommt die Bekanntheit von selbst.“ Bald zählen prominente Sammler zu ihren Stammkunden, von denen Eleonore zwei besonders hervorhebt: Herbert von Karajan und Thomas Bernhard, „ungemein feinsinnige und liebenswürdige Persönlichkeiten, die ich sehr zu schätzen lernte.“ Dies beruhte sicher auf Gegenseitigkeit, denn Bernhard verewigte Eleonore sogar literarisch als  „entzückende alte Trödlerin“, was hier angemerkt werden sollte.

Privat mussten natürlich starke Abstriche gemacht werden, denn die Arbeit und vier Kinder ließen nicht viel Freiraum zu. „Wir hielten immer fest zusammen, Familiensinn war großgeschrieben, wenn ich unterwegs war, passten die älteren Geschwister auf die Kleinen auf“ merkt Eleonore an. Eine Tochter und einen Sohn zog es als Wirtschaftstreuhänderin und Sportjournalist in die Ferne, Sohn Hubert arbeitete lange im Betrieb mit und machte sich dann selbstständig. Tochter Petra Popp-Wiesinger blieb ihr erhalten, im Duett führen sie seit 1986 das gemeinsame Kunsthaus, welches Eleonore 2002 an ihre Tochter übergibt. Frau Wiesinger hat sich zwar aus dem aktiven Geschäftsleben zurückgezogen, bleibt aber trotzdem auf dem neuesten Stand, indem sie in Katalogen schmökert und Messen besucht, kulturelles und gesellschaftliches Engagement halten die vitale Dame jung. 2008 erhält sie für ihr Lebenswerk  den OscART, in Anerkennung, dass sie zu einer Zeit als Powerfrau lebt, als dieses Wort noch gar nicht erfunden war. Heute zählt das Kunsthaus Wiesinger bei Antiquitäten und durch Tochter Petras feinsinnigen Geschmack auch bei modernem Einrichtungsstil zu den ersten Adressen im mitteleuropäischen Raum.

Name
Familie
Lieblingsort
Lebensmotto
Mein Ausgleich
Ich in drei Worten
Wenn ich einen Tag Frauenministerin wäre