Die 1930 in Wels geborene Elisabeth Dienstl hat nach fast zehnjähriger Berufstätigkeit als Sekretärin des OÖ Ärztekammerpräsidenten im Alter von 29 Jahren ihr Medizinstudium begonnen. Das war damals, Ende der Sechzigerjahre, ziemlich außergewöhnlich und hat eine große Portion Mut gebraucht. Dank ihres Fleißes und ihrer Flexibilität ist es der gläubigen Christin gelungen, ihre Ziele zu erreichen. Leicht war der Weg nicht, war ihre Kindheit und Jugend doch geprägt durch den frühen Tod ihrer Mutter. Ihr Vater hat seine vier Kinder neben dem Beruf als Landarzt und Bürgermeister streng, aber liebevoll erzogen.
Als Elfjährige wohnte die Gymnasiastin aus Aschach/Donau mit drei älteren Schulkolleginnen von der Körnerschule bei einer sogenannten „Kostfrau“, später mit ihrer älteren Schwester bei einer anderen Kostfrau, bevor sie im Jahr 1943 als Bahnschülerin zur Schule fuhr und ab 1945 im Studentinnenheim der Ursulinen in Linz (dem heutigen Kulturzentrum Ursulinenhof) untergebracht war. Diese Stationen haben sie gefordert und sie das Leben gelehrt, was ihre Jugend maßgeblich beeinflusst hat. Im Berufsleben hatte sie das Glück, das Vertrauen ihrer Vorgesetzten zu genießen, wofür sie sich würdig und dankbar erwies.
Ihre Jahre als Chefsekretärin in der Ärztekammer hat die engagierte Ärztin in sehr guter Erinnerung. Sie war mit spannenden Arbeiten betraut und lernte interessante Persönlichkeiten kennen, durfte Diskussionen und Sitzungen beiwohnen, um diese zu protokollieren. Für den Rest ihres Lebens wollte sie diese Arbeit jedoch nicht machen und entschloss sich daher – auch wegen der Aussicht auf einen entsprechenden Lebensstandard unter Bewahrung ihrer Unabhängigkeit – zum Studium. Ihr Lebenspartner hat sie dabei voll unterstützt.
Nach Jahren als Oberärztin der Internen Abteilung am AKH Linz hat sie das Institut für Nuklearmedizin und Endokrinologie aufgebaut und als erste Vorständin 1973 den Schwerpunkt Schilddrüsendiagnostik etabliert. Ihre tüchtigen, zielstrebigen Mitarbeiter hat sie bei deren Wunsch nach Weiterbildung stets gefördert. Besonders Frauen ermutigt sie, Herausforderungen anzunehmen und in eine erfolgreiche Zukunft zu blicken. Nach ihrer Beobachtung streben Frauen nach Gleichberechtigung, die im ärztlichen Bereich gegeben ist. „Um eine Spitzenposition zu erreichen, wie ich das Glück hatte, bedarf es geschlechtsunabhängig harter Arbeit.“, betont sie. Ein wohlmeinender Vorgesetzter riet ihr einst: „Wenn Sie etwas werden wollen, müssen Sie immer einen Schritt voraus sein – Männer wie Frauen.“
Ihr starker Wille, ihr Fleiß sowie ihre Kompetenz haben sich bezahlt gemacht. 1993/94 wurde sie als erste Frau überhaupt Präsidentin der Medizinischen Gesellschaft für OÖ. Erst in der momentanen Funktionsperiode 2018/19 hat es wieder eine Frau an die Spitze geschafft.
Natürlich kann sich eine Persönlichkeit wie Dr. Elisabeth Dienstl, die sich zeitlebens dem Humanismus verschrieben hat, auch in der Pension nicht einfach zurücklehnen. 1998 war sie als Obfrau der Bezirksstelle des OÖ Hilfswerkes für den Bezirk Eferding maßgeblich am Aufbau beteiligt und hat sich bis 2014 als Vereinsobfrau für die Anliegen von hilfsbedürftigen Menschen engagiert. Nachdem sie 2004 an Krebs erkrankt ist und im Jahr 2005 einen Herzinfarkt überstanden hat, konnte sie geheilt das vergangene Jahrzehnt ein normales Leben führen.
Die rüstige Seniorin, die in ihrem Elternhaus in Aschach/Donau wohnt, hält sich auch nach einem Knöchelbruch durch Bewegung körperlich fit und geistig noch immer durch ihre Tätigkeiten und Engagements, die sie ihre Wehwehchen vergessen lassen. Dafür bedient sie sich durchaus auch digitaler Medien. Ihre besonderen Begegnungen und Erlebnisse hält sie in ihrer Familiengeschichte fest, an der sie gerade schreibt.