Die 1943 als älteste von neun Kindern geborene Ohlsdorferin hat nach der Mitarbeit in der elterlichen Kleinlandwirtschaft die Ausbildung zur Seesorgehelferin und Religionslehrerin absolviert, mehrere Jahre diese Berufe ausgeübt, bevor sie – dank der bildungspolitischen Veränderungen unter Kreisky – katholische Theologie sowie Politik- und Kommunikationswissenschaften studiert hat. Als Volksschulabsolventin musste sie dafür erst die Matura nachholen.
Von 1975 bis 1980 arbeitete Erna Putz als Redakteurin bei der Linzer Kirchenzeitung und begegnete bei einer Recherche Franziska Jägerstätter, die ihr spontan die Gefängnisaufzeichnungen ihres Mannes zeigte. Sofort war Putz die Bedeutung klar und dass sie diesem Fall nachgehen wollte. Um sozialversichert und in der Nähe von St. Radegund – der Heimatgemeinde von Franz Jägerstätter – zu sein, stellte sie der Pfarrer von Ostermiething als Haushälterin an. Mit der Dissertation über den Pazifisten Jägerstätter schloss sie ihr Politik- und Publizistikstudium ab. Letztendlich hat ihre wissenschaftliche Aufarbeitung seiner Biografie die Seligsprechung von Franz Jägerstätter im Jahr 2007 erwirkt. Seit 2008 genießt Putz ihre Pension in ihrer Heimat Ohlsdorf.
Die Gedenkfeiern im Jahr 2018 gehören zu den Höhepunkten ihres Lebens. Einerseits sind ihr die verfolgten Menschen ans Herz gewachsen, zum anderen wurde der Gedanke, sie ins Gedächtnis zu holen, sehr positiv aufgenommen. Die Gedenkfahrt nach Dachau rückte die Aufmerksamkeit von Terror und Schrecken auf aufrechte und mutige Menschen, die sich selbständiges Denken nicht verbieten lassen wollten. Angehörige ehemaliger Häftlinge freuten sich, dass sich für deren Schicksale endlich jemand interessierte.
Die Stelle als Redakteurin aufzugeben, um dem Schicksal Franz Jägerstätters nachzugehen, war eine ihrer mutigsten Entscheidungen. Damals hat sie allerdings nicht geahnt, dass es für sie keine entsprechende Anstellung mehr geben würde.
Bezüglich Chancengleichheit von Frauen und Männern erlebt sie in Österreich erfolgreiche und selbstbewusste Frauen in Wirtschaft, Politik und Kirche. Sie selbst kommt aus einer Familie, in der Frauen initiativ und stark waren und sind. Auch ihren Nichten und ihrer Pflegetochter sind Ausbildung und Beruf wichtig. Darin sieht sie einen eindeutigen Trend in der heutigen Gesellschaft. Kinderbetreuung muss organisiert werden, wobei heute glücklicherweise die Partner einiges übernehmen. Der Hauptteil jedoch bleibt – vor allem nach einer Trennung – bei der Mutter. „Eine ausgewogene Work-Life-Balance wird den Frauen immer wichtiger, eine volle Anstellung ist kein Muss mehr. Nach der intensiven Familienphase werden die Mütter wieder voll einsatzbereit sein und diese Generation wird sich ihren Platz erkämpfen.“, ist sich Putz sicher. Insgesamt sieht sie für Männer wie Frauen eine Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit überlegenswert.
Erna Putz – eine Netzwerkerin der ersten Stunde, selbst ohne Social Media – ermutigt Frauen, wichtige Anliegen gut zu überlegen und anzugehen. Auf jeden Fall sollten sie sich Verbündete suchen, vorhandene Ressourcen erkennen und nutzen, anpacken und ihre Ziele im Auge behalten. Erfolge ermutigen! Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen sollten möglichst aus dem familiären Rückhalt kommen. Für Kinder und Jugendliche wünscht sie sich, dass Stärken von Familie und Schule gesehen und gefördert werden.
Auch künftig möchte die bescheidene Biografin – nach überstandener OP und Strahlentherapie dankbar für jeden geschenkten Tag – wieder faszinierenden Menschen nachgehen. Mit dem ihr innewohnenden Feuer und ihrer Beharrlichkeit sollte ihr bei anhaltender Gesundheit noch einiges gelingen.