Elfie Semotan

Fotografin und Model

Interview

Heutzutage werden Mädchen gecastet, in bizarren TV-Shows zu vermeintlichen Höchstleistungen getrieben und kein Mensch weiß, ob diese Geschöpfe jemals über einen Laufsteg in Paris oder Mailand wandeln werden. Zu einer Zeit, als Models noch Mannequins hießen, ging Elfie Semotan einen gänzlich anderen Weg, der sie vor und hinter der Kamera in lichte Höhen führte.

Aus Wels stammend, absolvierte sie die Modeschule in Hetzendorf und schloss ein Praktikum im Modehaus „Höchstmann“ an, das ihr schnell die Augen öffnete: „Ich sah keine Möglichkeit einer eigenen Produktion, die Wiener Gesellschaft erschien mir modisch erstarrt, also machte ich mich nach Paris auf.“ Die hochgewachsene Schönheit fiel ins Auge und bald engagierten sie Tophäuser wie Chanel und Lanvin, doch so richtig glücklich war Semotan in diesem Business nie, nur fotografiert zu werden, war ihr schlichtweg zu wenig. Durch die Beziehung zu einem Fotografen lernte sie das Handwerk und kehrte nach neun Jahren zurück, um sich hier der Arbeit hinter der Kamera zu verschreiben.

Eine Aufsehen erregende Kampagne für Palmers brachte den Durchbruch, großformatige Plakate von Frauen in Dessous erzeugten Auffahrunfalle und für Semotan gewaltige Publicity: „Eine gezielte Provokation mit Nacktheit, ich empfand sie nicht als anstößig, aber gewisse Leute haben natürlich getobt.“ Bald zierten ihre Fotos die Titelseiten der bekanntesten Modejournale, die Freundschaft mit dem Couturier Helmut Lang bedeutete beidseitige Inspiration nicht nur in modischer Hinsicht. Semotans Arbeit wurde dabei entscheidend beeinflusst. Sie beschritt neue Wege und gab der internationalen Modefotografie wichtige Impulse. Menschen in einem ungewöhnlichen und ungewohnten Kontext abzubilden, mit dem Model eine Beziehung herzustellen, das entreißt das Foto der Banalität. „Für mich müssen die Modele auch menschlich interessant sein, dann fällt das Arbeiten mit ihnen leicht.“ Bei Porträts, mittlerweile ein großer Teil von Semotans Arbeit, bevorzugt sie schwarzweiß, mit diesem Kunstgriff wird durch den realistischen Touch die Abbildung auf das Wesentliche reduziert: „Die Kraft von Farben, wie in der Modefotografie üblich, würde den Blick des Betrachters nur verschleiern.“ Hier erinnert sich Semotan an eine Aufnahme von Helmut Lang  in einer ziemlich schäbigen Gegend New Yorks, die aber zugleich den gewaltigsten Ausblick auf die Stadt im Hintergrund möglich machte. „Ein magischer Moment, die perfekte Gelegenheit, jemanden von einem völlig anderen Standpunkt aus darzustellen.“

Ihr Privatleben war von Höhen und Tiefen gekennzeichnet, ihr erster Mann, der Bildhauer Kurt Kocherscheidt, mit dem sie die Söhne August und Ivo hat, starb in frühen Jahren: „Ich habe seinen Tod auch der Kinder zuliebe verkraftet, wollte sie mit meiner Trauer nicht zusätzlich belasten.“ Auch der zweiten Ehe waren nur zwei Jahre beschieden. Martin Kippenberger musste dem kräfteraubenden Leben eines Malergenies Tribut zollen und wurde mitten aus seinem Schaffen gerissen. Bewundernswert ist Elfies Umgang mit diesen Schicksalsschlägen, das Hervorheben des Positiven: „Es war ein großes Glück, mit beiden Menschen leben zu können, die Zeit mit ihnen ist noch immer sehr präsent.“ Diese Beziehungen hinterließen auch Spuren in Semotans Werk, jedoch nicht durch Beeinflussung oder gar einen Bruch ihrer Linie, sondern durch Bestätigung und Bestärkung durch ihre Ehemänner. Auf eine Idee Martin Kippenbergers ist als Beispiel eine faszinierende Ausstellung  zurück zu führen, die Fotos umfasst, welche Semotan eigentlich wegwerfen wollte: „Ich habe die Auswahl zu zwei großen Blöcken von je 60 Bildern geformt. Aus den „Wegwerfprodukten“ wurde ein großer Erfolg.“

Heute lebt und arbeitet Elfie Semotan  in Wien, New York und im Burgenland, wobei der amerikanischen Metropole eine besondere Bedeutung zukommt: „Hier habe ich gelernt, mich selbst zu endschleunigen. Die Stadt hat eine derartig hohe Geschwindigkeit, dass man sein Leben, seine Arbeit genau definieren, sich herausnehmen muss aus dem reißenden Strom.“ Und ihre Meinung zum heutigen Business, den Castingshows und Modeltretmühlen: „Mir tun die Mädchen leid, sie werden verheizt. Ich habe immer versucht, meine Models gut zu behandeln und nicht zu demütigen. Das gehört sich einfach nicht.“

Name
Familie
Lieblingsort
Lebensmotto
Mein Ausgleich
Ich in drei Worten
Wenn ich einen Tag Frauenministerin wäre