Krankenpflegerin, Pflegewissenschaftlerin, Expertin für Gendermedizin, FH- und Universitätslehrende: Allrounderin Anna Maria Dieplinger ist zeit ihres Lebens auf vielfältigste Art und Weise in Gesundheits- und Sozialberufen tätig und beweist eindrucksvoll, wie abwechslungs- und erfolgreich eine Karriere in der Pflege und im Sozialbereich sein kann. Die in Natternbach geborene Autorin mehrerer wissenschaftlicher Bücher setzt sich jedoch nicht nur für die Gesundheit des Menschen ein, sondern engagiert sich insbesondere für Frauen. So kämpft sie in verschiedensten Funktionen unermüdlich für die gesellschaftliche Gleichstellung der Frau sowie die gesundheitsbezogene Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern. Ihre soziale Kompetenz, ihr ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und ihr unentwegter Einsatz für ihre Mitmenschen finden dabei in all ihren Tätigkeiten Ausdruck.
Frau Dieplinger, können Sie bitte Ihren bisherigen Werdegang kurz skizzieren?
Ich bin in Natternbach im Bezirk Grieskirchen aufgewachsen und in Neuhaus am Inn in die Mädchen Realschule der Englischen Fräulein gegangen. Danach habe ich Bürokauffrau gelernt, hätte aber am Land keinen Job mit einer abgeschlossenen Lehre bekommen, weil viele Betriebe aus Kostengründen immer nur Lehrlinge eingestellt haben. Am Land gab es kaum Wertschätzung, vieles war selbstverständlich und oft hatte man keine Wahl.
Im Laufe meines beruflichen Lebens habe ich viele Stationen durchlaufen, etwa als Pflegende, Soziologin, Sozialwissenschaftlerin, habilitierte Pflegewissenschaftlerin und Expertin für Gendermedizin. Ich arbeitete und studierte berufsbegleitend in Vollzeit und bin Mutter zweier Kinder.
Was hat Sie dazu motiviert, in die Pflege zu gehen? Wie kam es dazu, dass Sie in diesem herausfordernden Berufsfeld Fuß gefasst haben?
Ich entschied mich dazu, Krankenpflegerin zu werden, weil es ein sicherer Job ist. Ich bekam ein kleines Taschengeld und teilte ein kleines Zimmer mit einer Mitbewohnerin. Ich hatte immer schon ein sehr großes Organisationstalent und wollte mehr wissen. Aus diesem Grund habe ich dann auch studiert. Die Krankenpflege ist ein super Job: Man kann sich unterschiedlich orientieren und in viele Richtungen entwickeln. Was auch bei mir der Fall war. So war bzw. bin ich etwa in der Neugeborenenpflege, im Operationsaal, im Entlassungsmanagement und in der Lehre tätig und habe diverse Sonderausbildungen absolviert.
Was ist Ihre heutige berufliche Position bzw. auch Ihre Rolle in der Öffentlichkeit?
Heute bin ich Abteilungsleiterin für Gesundheits- und Sozialberufe in der Oberösterreichischen Gesundheitsholding (OÖG) und habe das Kompetenzmanagement für neun Kliniken und 16.000 MitarbeiterInnen inne. Darüber hinaus bin ich Expertin für Gendermedizin, Professorin für Pflegewissenschaft und Sachverständige bei Gericht.
Haben Sie in Ihrer Tätigkeit je einen Unterschied zwischen Mann und Frau wahrgenommen bzw. wie wurden Sie in Ihrer Arbeit mit der Unterschiedlichkeit der Geschlechter konfrontiert?
In meiner vorigen Tätigkeit als Mitglied in der Gleichbehandlungskommission, bei Hearings, in Berufungsverfahren und als Genderexpertin: Ja, ganz oft. Ungleichheit gibt es im Job immer, gerade im Topmanagement wird diese noch größer. Als Frau muss man wesentlich mehr leisten.
Frauen am Land, auch meine Mutter und Großmutter, leiden unter dieser Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, das ist gesellschaftlicher Alltag. Früher waren Frauen für die Kinder und das Haus zuständig, während Männer Geld verdienten. Aber heute sind Frauen zusätzlich zu den Kindern und dem Haus auch fürs Geldverdienen zuständig, Männer jedoch weiterhin nur fürs Geldverdienen.
Wurden Sie in Ihrem beruflichen Werden je durch Ihr Frausein in die Schranken gewiesen oder sind Sie dadurch je in Ihrer Karriere ausgebremst worden?
Ja – gerade aktuell, oftmals in Verhandlungen. Das Wort der Männer ist in unserer Gesellschaft viel bedeutender, als das der Frauen.
Meine MOTIVATION sind …
meine Kinder, mein Umfeld und meine lieben Menschen um mich.
ANTRIEB ist mir …,
nicht aufzuhören, sich für Gleichstellung und Gerechtigkeit einzusetzen. Und in meiner Tätigkeit bei Gericht, die Wahrheit zu finden und zu vertreten!
In welchen Situationen Ihrer bisherigen Laufbahn hat man Ihnen Mut gemacht?
Ich habe immer Menschen um mich, die mir Mut machen. In der Ausbildung waren es ProfessorInnen, welche mich massiv motiviert haben. Viel Unterstützung habe ich auch von Vorgesetzten erhalten – das finde ich das Wichtigste im Beruf. Vorbildwirkung ist etwas sehr Essenzielles.
In welchem Bereich würden Sie jungen Frauen aus heutiger Sicht gerne Mut machen?
Generell würde ich Ihnen gerne mitgeben, dass Frauen keine Angst haben müssen, etwas zu erreichen. Wir müssen nicht immer alles überperfekt machen – auch so sind wir immer noch top!
Name: Anna Dieplinger
Lieblingsgericht: Leberschädl mit Kraut oder Kasnudeln mit Parmesan Lebensmotto: „Alles wird gut.“ Mein Ausgleich: Gartenarbeit, Mountainbiken und mein Hund Ich in drei Worten: lustig, lebensfroh und mutig Wenn ich einen Tag Frauenministerin wäre, dann … würde ich die Welt für Frauen wesentlich verbessern! |