Barbara Niedermayr

Geschäftsführerin Verein PIA - Sexuelle Bildung und Prävention, Psychotherapie bei sexualisierter Gewalt, ehrenamtliche Vizepräsidentin des LASK

Spitzenfunktionärin eines Fußballklubs mit einem besonderen Augenmerk auf das Soziale – Barbara Niedermayr ist nicht nur ehrenamtliche Vizepräsidentin des LASK, sondern in ihrem Brotberuf auch Geschäftsführerin des Vereins PIA.
Ein Verein, der sich um Opfer sexueller Gewalt kümmert, bzw. viel in der Prävention arbeitet, um junge Mädchen und Burschen erst gar nicht zu Opfern werden zu lassen. Dass sich diese beiden höchst unterschiedlichen Arbeitsfelder sehr gut vereinbaren lassen, bestätigt die Karriere von Barbara Niedermayr.

fotocredit: Zoe Goldstein

Geschichte

Österreich ist ein eher konservatives Land. Die Paarung Frau und Fußball
ist für viele immer noch schwer vorstellbar. Wie war Ihr Weg in den
Fußballbetrieb? Ist Fußball in Ihrer Kindheit ein Thema in der Familie
gewesen?
Bereits als Jugendliche war ich oft am Fußballplatz in meinem Heimatort
Ried im Innkreis – ich habe Heimspiele besucht, die Mannschaft zu Auswärtsspielen
begleitet und in der Kantine ausgeholfen. Dass ich später für einen
Profiverein arbeiten würde, war jedoch nie mein Ziel.
Nach meiner Lehre zur Bürokauffrau und Weiterbildungen in
Buchhaltung und Personalverrechnung leitete ich die
Personalverrechnungsabteilung und betreute auch den LASK. 2015 wurde
ich gefragt, ob ich für drei Monate ins Büro des LASK kommen könnte, um
Strukturen aufzubauen und neue Mitarbeiter einzuarbeiten. Aus diesen
drei Monaten wurden neun Jahre, und aus einer externen Unterstützung
wurde dann 2019 die Geschäftsführerin des LASK.

In einem Klub wie dem LASK Verantwortung zu tragen bedeutet, in einem
Wirtschaftsbetrieb tätig zu sein. Und zwar einem Betrieb, der sehr
männerlastig ist. Hatten Sie in Ihren Arbeitsfeldern als GF und jetzt
Vizepräsidentin da von Anfang an das Vertrauen Ihrer Kollegen, oder gab
es auch die, die Sie scheel angeschaut haben, so unter dem Motto: was
kann eine Frau denn da bringen?
Es gab auch Personen (hauptsächlich Männer), die mir skeptisch
gegenüberstanden, aber das ist normal. Entscheidend war, dass ich mit
Siegmund Gruber einen Vorgesetzten und Mentor an meiner Seite hatte,
der mir immer mehr zugetraut hat, als ich mir selbst. Sein Vertrauen und
seine Förderung haben mir geholfen, an meine Grenzen zu gehen und
über mich hinauszuwachsen. Ohne diese Unterstützung wäre ich nie so
weit gekommen.

Eine Frage noch zum Fußball: Sport hat viele positive, aber auch seine
Schattenseiten. Neben Doping sind das auch sexuelle Übergriffe, von
denen immer wieder berichtet wird. Wie sind da Ihre Erfahrungen, und
haben Sie als Frau an der Spitze da ein besonderes Auge drauf?
Das Thema ist mir sehr bewusst, und ich bin überzeugt, dass
Präventionsarbeit vor allem im Kinder- und Breitensport beginnen muss –
bei Betreuern und in den Strukturen von Vereinen. Durch meine Tätigkeit
bei PIA arbeite ich daran, diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu geben
und sichere Räume für Kinder zu schaffen.
Sportvereine – genauso wie Kulturvereine – müssen für Kinder ein
sicherer Ort sein. Ich kann zum Glück sagen, dass ich in meiner
bisherigen Laufbahn keine persönlichen Erfahrungen mit solchen
Vorfällen gemacht habe.

Wir möchten Sie den Besucherinnen unserer Homepage gerne auch
persönlich näher bringen. Daher einmal eine hypothetische Frage: wenn
Sie nicht im Sportbetrieb gelandet wären, gibt es einen Beruf, eine
Position, die Sie immer schon begeistert hat? Und passend dazu: wo
würden Sie sich gerne am Ende Ihres Berufslebens sehen?
Ich konnte mir früher gut vorstellen, Rechtsanwältin zu werden, weil ich
für meine Überzeugungen einstehe und mich gerne für Gerechtigkeit
einsetze. Aber der Gedanke, jemanden vor Gericht zu verteidigen, von
dessen Unschuld ich nicht überzeugt bin, hätte mich vermutlich belastet.
Am Ende meines Berufslebens möchte ich zurückblicken und stolz darauf
sein, mit meiner Arbeit die Welt ein kleines Stück besser gemacht zu
haben – sei es im Sport, in sozialen Projekten oder in der Gesellschaft.

In welchem Bereich sehen Sie Ihre größten Talente? Und was erfüllt Sie
neben Ihren beruflichen Tätigkeiten am meisten?
Meine größte Stärke liegt darin, Strukturen zu schaffen und
Organisationen effizienter zu machen. Durch meine empathische Art und
meinen praxisnahen Führungsstil kann ich zudem Teams motivieren und
erfolgreich führen.
Mich erfüllt es, wenn ich nach getaner Arbeit ein Resultat sehe. Das
konnte ich in den vergangen Jahren bei uns am Bauernhof erfahren.
Häckseln, Grubbern oder auch einfach Rasen mähen – man blickt hinter
den Traktor und sieht was man geschafft hat.
Ich sag immer: Die einen meditieren oder machen Yoga, ich arbeite am
Feld. – diese Arbeiten erden mich.

Ich komme doch noch einmal zum Sport zurück: leider neigen Mädchen
immer noch dazu, sich weniger zu bewegen als Burschen. Das bestätigen
viele Untersuchungen, nicht zuletzt auch aus dem Gesundheitsbereich.
Was wären aus Ihrer Sicht da wichtige Schrauben, an denen gedreht
werden sollte, um Mädchen, aber natürlich auch Burschen vermehrt in
Bewegung zu bringen?
Es braucht Vorbilder, die Mädchen zeigen, dass Sport keine
Geschlechtergrenzen kennt. Schulen und Vereine spielen eine
Schlüsselrolle, um Mädchen früh für Bewegung zu begeistern.
Ein weiterer Aspekt ist das Ehrenamt: Viele Väter engagieren sich als
Trainer, aber es gibt weniger Frauen in solchen Rollen. Hier unterstütze
ich den OÖ Fußballverband in seinen Bemühungen, Frauen im Fußball zu
fördern, zu vernetzen und für ehrenamtliche Tätigkeiten zu motivieren.
Mehr Frauen in verantwortungsvollen Positionen können langfristig dazu
beitragen, mehr Mädchen für den Sport zu begeistern und die
Rahmenbedingungen in Vereinen zu verbessern.

 

Name: Barbara Niedermayr

Familie: Single

Mein Power-Lieblingssong: „The Best Is Yet to Come“ von Sandro Cavazza

Meine Leseempfehlung für junge Frauen:  „Das Cafe am Rande der Welt“ von John Strelecky

Mein Lebensmotto: Es steckt mehr in mir, als ich mir selbst zutraue 

Mein Ausgleich: Tennis/Traktor fahren 

Ich in drei Worten: engagiert, empathisch, loyal

Wenn ich einen Tag Sportministerin wäre….ich würde ein Förderprogramm für Mädchen im Sport starten, mit kostenlosen Schnupperkursen und gezielten Unterstützungen für Vereine, die Angebote für Mädchen schaffen. Zudem würde ich weibliche Vorbilder fördern und sicherstellen, dass Sportplätze und Schulsport geschlechtergerechter gestaltet werden -damit Bewegung für alle zugänglicher wird.