Gerde Weichsler-Hauer

Dritte Präsidentin des Oö. Landtags

Interview

Die Dritte Präsidentin des oberösterreichischen Landtags Gerda Weichsler-Hauer ist eine Pionierin. Ihr selbst ist das gar nicht so bewusst. Sie startete nach der Matura in der damals stark männlich geprägten IT. Dann kehrte sie nach nur acht Monaten Karenz zurück in das Unternehmen. Dieser Werdegang war Anfang der 80er Jahre. Sogar fast 40 Jahre später klingt das noch immer fast avantgardistisch.

Die mutigste Entscheidung in ihrem Leben war aber die Entscheidung für den Betriebsrat in den Ennskraftwerken zu kandidieren. Sie erinnert sich noch wie entsetzt einzelne Kollegen waren: „ Wir haben als Listenerste eine Frau!“ Im ersten Moment war das sogar für sie ein Schock, und sie hätte nicht im Traum gedacht, dass sie tatsächlich erfolgreich sein würde. Sie wurde stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Als Angestellte. Als Mitarbeiterin der Hauptverwaltung. Als Frau.

Carpe diem“ lautet ihr Lebensmotto. Immer voranschreiten und Stolpersteine als Lernmöglichkeit begreifen. „Stolpersteine sind nur dazu da, um etwas für das Leben zu lernen. Vielleicht braucht man die Erkenntnis nicht sofort, aber es kommt der Zeitpunkt, wo man weiß, wofür die Erfahrung gut war.“

Wann immer Gerda Weichsler-Hauer vor großen Aufgaben steht, schaltet sie auf „Funktionsmodus“. In diesem Moment zählt nur die Aufgabe, die eigenen Gefühle und Unsicherheiten haben keinen Raum mehr. Die Sache zählt. Sie sagt, dass es für sie immer ein Einfaches ist, für andere zu kämpfen. Als Kind mit acht Geschwistern aufzuwachsen lässt einen rasch lernen, dass es um mehr geht als um einen selbst.

Diese Erkenntnis ist ihr Ansporn und auch ihr Mutmacher. Gerda Weichsler-Hauer blickt auf eine starke Entwicklung zurück: „Ich war früher ängstlich und bin eher davon ausgegangen, dass das was ich mache, falsch ist. Das hat sich mit jedem Tun verändert.“ Essentiell für diese Entwicklung des Selbstvertrauens ist, den ersten Schritt zu machen und über die eigenen Grenzen zu gehen. Deshalb mag sie auch das Bild, das hinter ihren Schreibtisch hängt so gerne. Darauf ist zu lesen „Grenzgänger“. Das Erweitern der eigenen Grenzen ist Gerda Weichsler-Hauer der Ermöglicher von Entwicklung und Erfolg. Es ist nicht immer wichtig, das eigentliche Ziel zu erreichen, es reicht schon, sich einfach zu trauen und den ersten Schritt zu machen.

Angesprochen auf die wichtigsten Highlights in ihren Leben, nennt Gerda Weichsler-Hauer vor allem die Mitarbeit an Projekten rund um die Frauenförderung und das Verankern der gendergerechten Sprache. Stolz ist sie darauf, wenn sie merkt, dass ihr Vertrauen entgegengebracht wird, und sie gebeten wird, an neuen Projekt mitzuwirken. Und an neuen Projekten mangelt es nicht. Besonders für Frauen gilt es noch viel zu erreichen. Die Bekämpfung der Altersarmut, die besonders für Frauen durch die geringe Anrechnung der Kinderbetreuungszeiten und Teilzeitarbeit besonders schlagend ist und die höhere Bezahlung von „typischer Frauenarbeit“ bzw. die Forderung des gleichen Lohns für gleiche Arbeit stehen für sie ganz oben auf der Liste.

Schweden ist für sie ein Vorreiter in diesen Dingen. „Bei einem meiner Besuche musste ich erklären, was eine Witwenpension ist. Das ist in Schweden nicht bekannt, weil dort ganz klar jeder für sich selbst verantwortlich ist und die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Damit stellt sich auch die Frage der Berufstätigkeit der Frauen nicht. Die ist damit ebenso selbstverständlich.“, erklärt Gerda Weichsler-Hauer. So kann sie sich auch vorstellen, dass das Modell, das die verpflichtende Karenz von beiden Elternteilen vorsieht, nach Österreich zu holen.

Betrachtet man die Entwicklung der Frauen in Österreich, so erkennt sie durchaus eine Bruchlinie zwischen ihrer Generation und der Jüngeren. Während es für ihre Generation noch klar war, dass sie mehr erreichen wollen als die Generation ihrer Eltern, so ist das bei den Jungen nicht mehr so klar.

Sie beobachtet einen aufsteigenden Konservatismus mit einer neuen alten Rolle der Frau als Zuverdienerin. „Vielleicht ist das die Konsequenz, weil diese jungen Frauen gesehen haben, wie deren Mütter ein oftmals auch dauergestresstes Leben führen. Oder es ist auch eine Konsequenz, dass die Angebote für die Jugend heute vielfältiger sind. Alternative Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten hat es in meiner Jugendgeneration nur wenige gegeben, und selbst die waren eher noch bescheiden, überlegt Gerda Weichsler-Hauer. Sie bedauert es, das es im Verhältnis noch immer zu wenig Bewerbungen von Frauen in Managementpositionen gibt. Sie wünscht sich noch mehr Mut und Selbstbewusstsein für die jungen Frauen.

Name
Familie
Lieblingsort
Lebensmotto
Mein Ausgleich
Ich in drei Worten
Wenn ich einen Tag Frauenministerin wäre