Univ.-Prof.in Dr.in

Klara Antonia Csiszar

Vizerektorin für Forschung und Lehre sowie Dekanin der Fakultät für Theologie an der Katholischen Privat-Universität Linz, Universitätsprofessorin für Pastoraltheologie

Klara Antonia Csiszar wurde in Rumänien geboren, sie studierte Römisch-Katholische Theologie, Germanistik und Pastoralpsychologie in Cluj, Wien und Konstanz. 2005 bis 2010 leitete sie das Jugendbüro in der Diözese Satu Mare in Rumänien, später das Diözesanpastoralbüro. Csiszar promovierte 2009 in Kirchengeschichte in Rumänien und habilitierte 2015 in Pastoraltheologie an der Universität Wien. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Weltkirche und Mission in Frankfurt am Main und vertrat hier den Lehrstuhl für Missionswissenschaft und interkulturellen Dialog. Seit 2019 ist Klara Csiszar Professorin für Pastoraltheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz, seit Herbst 2023 ist sie Dekanin der Fakultät für Theologie sowie Vizerektorin für Lehre und Forschung.

Klara Csiszar spricht fünf Sprachen, sie war und ist in zahlreichen internationalen Gremien vertreten. Sie ist u.a. Mitglied der Doktoratsschule der Universität Babes-Bolyai in Cluj, Mitglied der Theologischen Kommission der Österreichischen Bischofskonferenz und sie ist theologische Beraterin des Kardinals von Belgrad Erzbischof Ladislav Nemet. Im Juli 2023 wurde sie von Papst Franziskus zur theologischen Expertin der Weltbischofssynode ernannt und nahm als solche auch an den beiden Sitzungsperioden 2023 und 2024 in Rom teil. An der KU Linz ist sie federführend an der Errichtung einer „School of Synodality“ beteiligt, die die Gestaltung der Ortskirchen in Europa im Zusammenspiel mit der Weltkirche unterstützt.

Interview

Frage MUTmacherinnen: Sie sind in Rumänien, zur Zeit des Kommunismus, geboren und aufgewachsen. In die Kirche zu gehen, war verboten. Dennoch haben Sie Ihre ersten Glaubenserfahrungen sehr geprägt. Was hat Sie bereits von Kindheit an, an Kirche fasziniert?

Eben, dass es verboten war. Meine Familie gehörte der ungarisch-sprachigen katholischen Minderheit in Rumänien an, meine Großeltern haben mich heimlich mit in die Kirche genommen. Religionsunterricht gab es erst später nach der Wende. Die ersten Priester, die nach dem Studium aus Deutschland zurückkamen, haben in der Pfarre großartige Jugendarbeit geleistet – ich wollte etwas Ähnliches machen. Ich habe im Gymnasium intensiv Sprachen gelernt und mich, sobald es auch für Laien möglich war, für ein Theologiestudium entschieden. Als Hobby, weil es ja keinerlei Berufschancen für Theologinnen gab. Aufgrund meines Zweitstudiums Germanistik wollte ich Lehrerin werden.

Frage MUTmacherinnen: Sie haben also Theologie studiert, obwohl das damals keinerlei berufliche Perspektive bot …

Ja, ich habe an einer staatlichen Universität in Cluj-Napoca (Anm. zu dt. Klausenburg, zweitgrößte Stadt in Rumänien) das Grundstudium, den Master und das Doktorat gemacht, später dann an der Universität Wien in Pastoraltheologie habilitiert. Als ich 2000 mit dem Studium begonnen habe, war ich bei der ersten Generation von Theologinnen mit dabei. Gleichzeitig liefen in den Diözesen Erneuerungsprozesse, in denen ich als junge Theologin involviert war. Zwischen 2001 und 2004 war ich die erste und auch jüngste Stimmberechtigte bei der Diözesansynode in Satu Mare. Auf Anfrage meines Heimatbischofs habe ich dann nach dem Studium die Leitung des Pastoralbüros und des Jugendbüros übernommen. Es hat mich fasziniert, dass ich nun, nach einer Zeit, in der alles verboten war, plötzlich alles machen konnte, dass ich gestalten konnte, Jugendgruppen leiten, Kirchenpraxis mitgestalten, studieren … ich wollte mehr davon.

Frage MUTmacherinnen: War es herausfordernd für Sie als Frau, diese Funktionen auszuüben?

Diese Frage hat sich für mich überhaupt nicht gestellt. Bis ich nach Österreich gekommen bin, war Frau in der Kirche für mich kein Thema, weil eben die gesellschaftliche Rolle der Frau in den osteuropäischen Ländern eine völlig andere ist. Ich konnte das nicht einordnen. Unterschiede gab es allerdings in der Stellung von Laien – egal ob Männer oder Frauen – und Priestern.

Frage MUTmacherinnen: Sie sind 2010 zum Studium nach Österreich gekommen. Hat dies Ihre Sicht auf Kirche verändert? Wird Kirche hier anders wahrgenommen und gelebt?

Ja. Es gibt nirgendwo so viele theologisch gebildete Menschen, gebildete Laien, wie im deutschen Sprachraum. Und das macht auch etwas mit Kirche. Der Blick auf die Praxis ist viel kritischer, der Umgang mit Kirche viel kreativer. Indem das Wissen nicht den Geweihten vorbehalten ist, wird auch immer mehr von Laien hinterfragt. Das ist für mich eine völlig neue Erfragung. Mittlerweile sehe ich, dass langsam alles in Frage gestellt wird, die Autorität von Priestern, von Politikern auch der Theologie, von Wissenschaft generell. Rechtspopulismus ist im Vormarsch und baut einen Autoritarismus auf.

Die Rolle der Theologie habe ich immer mehr darin gesehen, „Anwältin des Menschen“ zu sein. Es ist wichtig, dass die Theologie im Zusammenspiel der Wissenschaften ihre Kompetenzen einbringt: für den Glauben, für die Schöpfung, für das Miteinander der Religionen in einer multikulturellen Gesellschaft, für Vielfalt, für ein gutes Leben generell. Wichtig ist es, Dinge zu hinterfragen, überhaupt zu lernen, Fragen zu stellen und sich nicht mit einfachen Antworten zufrieden zu geben.

Frage MUTmacherinnen: Seit 2019 sind Sie als Professorin für Pastoraltheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz (KU Linz) tätig. Sie sind Institutsvorständin, Dekanin der Fakultät für Theologie und zudem Vizerektorin für Forschung und Lehre. Eine beachtliche akademische Karriere. Wie kam es dazu?

Ich habe früh gesehen, dass man in Österreich – anders als in Rumänien – als Frau auch Wissenschaftlerin im Bereich der Theologie, Professorin werden kann. Leitung sowohl in der Kirche als auch an der Uni wird anders verstanden, viel mehr als Dienst für die Gemeinschaft. In akademische Funktionen wird man auch gewählt und übernimmt damit Verantwortung für die Gemeinschaft. Dass ich inzwischen hier Leitungsfunktionen als Frau bekleiden darf, oder dass ich als Frau Theologin sein darf, sehe ich auf weltkirchlicher Ebene als Botschaft, vor allem wenn ich um ungarischen Sprachraum unterwegs bin, wo dies eben nicht möglich ist.

Frage MUTmacherinnen: Das heißt, Sie sind damit auch Vorbild im internationalen Kontext. Und das nicht nur im wissenschaftlichen Bereich. Sie sind auch in internationalen (kirchlichen) Gremien vertreten, sind Beraterin eines Kardinals und waren als theologische Expertin bei der Weltbischofssynode mit dabei. Wie schätzen Sie die Rolle der Frau in der Kirche ein?

Man muss hier differenzieren. Frauen, die – anders als ich – in einer Demokratie, in einer freien Kirche aufgewachsen sind, haben sicherlich eine andere Wahrnehmung. Die Grundmelodie ist im deutschen Sprachraum eher die Unzufriedenheit darüber, dass wir immer noch keine Frauen weihen dürfen.

Die Zulassung zu Weiheämtern ist aber momentan eine kirchenpolitische Frage, die kluge Schritte erfordert. Hoffentlich wird sie langsam auch auf weltkirchlicher Ebene zu einer theologischen Frage. Frauen im deutschen Sprachraum haben hier entscheidende Vorarbeit in den letzten Jahren geleistet, die notwendig war, um nun auf weltkirchlicher Ebene zu diskutieren, und zu handeln. Wichtig ist es, dranzubleiben, Kritik zu formulieren, gleichzeitig aber auch Geduld zu zeigen und abzuwägen, was der nächste konstruktive Schritt ist, damit eine kommende Generation in der Kirche eine Gleichstellung zwischen Mann und Frau erfahren darf und sich dementsprechend auch in den Dienst der Kirche stellt. Die Ordination ist dabei sicher nicht der erste Schritt.

Kirche agiert weltweit, aber das Tempo ist unterschiedlich. Ich höre heraus, was uns hier zu langsam geht, ist für viele Teile der Welt einfach zu schnell. Wichtig ist das Miteinander, der Dialog, als Basis für gegenseitiges Verständnis. Es sind die Begegnungen, die Menschen offener machen.

Frage MUTmacherinnen: Was raten Sie jungen Frauen? Macht es Sinn, Theologie zu studieren?

Ja, unbedingt. Junge Menschen, junge Frauen sind in der Kirche in Österreich, im deutschen Sprachraum willkommen. Wir können die Weltkirche bereichern und vorbildhaft zeigen, wie wichtig es ist, Kirche mit Frauen zu gestalten. Wir brauchen junge Menschen, die den Mut haben, in Zeiten des Umbruchs Verantwortung zu übernehmen. Ich rate unseren Studierenden in die Praxis zu gehen, weil ich viele Gestaltungsräume sehe. Die Diözese ist eine gute Arbeitgeberin und es ist einer der schönsten Berufe als Seelsorger:in Menschen „von der Wiege bis zur Bahre“ zu begleiten, Räume zu öffnen, wo jede:r seine bzw. ihre Geschichte mit Gott schreiben kann.

Frage MUTmacherinnen: Welche Schritte in ihrem Leben haben besonders viel Mut erfordert?

Es war sicherlich mutig, in Rumänien ein Theologiestudium zu beginnen, weil es völlig unklar war, ob oder was man später damit anfangen kann. Und es hat auch Mut gebraucht, sich für das Stipendium bei Professor Zulehner in Wien zu bewerben und ins Ausland zu gehen. Und es braucht immer wieder Mut und Beharrlichkeit, dranzubleiben, immer wieder neue Schritte zu setzen – wie etwa jetzt mit unserer School of Synodality, die sich für mehr Entscheidungskompetenz vor Ort einsetzt – für die Glaubwürdigkeit und Zukunftsfähigkeit der Kirche. Man muss sich anstecken lassen von außen, von den Aufgaben, von den Menschen und von gemeinsamer Begeisterung.

Frau Csiszar, herzlichen Dank für das Gespräch.

17.10.2025 / Foto + Interview: Hermine Eder

Name:  Univ.-Prof.in Dr.in Klara Antonia Csiszar

Mein Lieblingsgericht: Topfenpalatschinken

Meine Lese-Empfehlung: Hoffe. Die Autobiografie. Von Papst Franziskus

Lebensmotto: Es wird schon.

Mein Ausgleich: Freunde, Sport

Ich in drei Worten: anstrengend, begeistert, schnell

Wenn ich einen Tag Päpstin wäre: Dann würde ich die Gleichstellung der Frau in der Kirche festschreiben, die Klassengesellschaft in der Kirche auflösen

 

Name
Univ.-Prof. Dr. Klara Antonia Csiszar
Familie
Lieblingsort
Lebensmotto
Mein Ausgleich
Ich in drei Worten
Wenn ich einen Tag Frauenministerin wäre