MAG.A

Reinhilde Spiekermann

Lehrerin, Friedens- und Umweltaktivistin

Interview

Nach ihrem Studium bereiste Reinhilde Spiekermann „als Frau alleine“ in den 80igern über Jahre hinweg Länder wie Südamerika, die USA, Indien, Nepal und ging mit International Peace Walk den Pilgerweg nach Santiago de Compostela. In dieser Zeit engagierte sie sich bereits intensiv in der Friedensbewegung gegen atomare Aufrüstung. Nach einer Aktion „ziviler Ungehorsam“ ging sie wegen „Nötigung von US-amerikanischen Soldaten zum Stehenbleiben“ im Rahmen eines Pershing-II-Raketenmanövers für zehn Tage ins Gefängnis. Auch gegen den Bau und die Inbetriebnahme von Atomkraftwerken schritt sie mutig ein.

Als Reinhilde im Alter zwischen 35 und 41 Jahren Mutter von drei Kindern wurde, musste sie ihr bewegtes Engagement umstellen. „Für meinen Mann Georg und mich war klar, dass wir möglichst wenig Energie nutzen (natürlich alternative) sowie einfach und konsumkritisch leben wollen. Darum haben wir ein Niedrigenergiehaus mit Sonnen- und Photovoltaik-Kollektoren gebaut. Anfangs waren wir noch aktionistisch mit den Kleinkindern unterwegs und nahmen z.B. an Grenzblockaden gegen Temelin teil. Heute sind wir froh, dass unsere Kinder nun als junge Erwachsene aus Überzeugung ebenso „einfach“ und engagiert leben, wie sie es von zuhause gewohnt sind.“

Die Familie besitzt zwar ein altes Auto, nutzt es aber sehr wenig, nur für Urlaube. Jeder fährt das ganze Jahr über alle Wege mit dem Fahrrad. Einkäufe werden mit Radfahrtaschen und dem Radanhänger erledigt. „Halbpreisprodukte“ werden kurz vor dem offiziellen Haltbarkeitsende gekauft, damit diese nicht weggeworfen werden. Kleidung und Gebrauchsartikel werden fast nur über Second Hand gekauft und wiederverwertet. Georg ist ein begnadeter Reparierer. „Wir teilen und tauschen so viel wie möglich, aber nicht (nur) aus moralischem Anspruch, sondern weil eine solidarische Gemeinschaft mehr Freude und Sinn macht“, so Spiekermann. Es versteht sich von selbst, dass Social Media da maximal eine untergeordnete Rolle spielen.

 „Haustausch als Urlaubsform ist ökonomisch (kostet nix), ökologisch (vorhandener Besitz wird getauscht) und weil es auf gegenseitiges Vertrauen aufbaut, fördert es den Frieden in einer solidarischen Gesellschaft. Der beidseitige Vertrauensvorschuss wurde noch nie missbraucht. Und unsere Kinder sind durch diese völkerverbindende Idee, die nach dem Zweiten Weltkrieg aufkam und mittlerweile weltweit unzählige Menschen im Urlaub vernetzt. sehr weltoffen geworden.“, verrät die selbstbewusste, bekennende Christin.  

Der Ennser Talente-Tauschkreis ist ein weiteres Projekt, das den Spiekermanns am Herzen liegt. Gemeinsam leiten sie diesen seit 15 Jahren. „Im Sinne der Nachhaltigkeit ist uns wichtig, dass Dinge länger in Gebrauch bleiben. Ohne Geld werden Dienstleistungen oder Dinge getauscht, wie beispielsweise Georgs „Reparaturtalent“. 

Besonders wichtig ist Reinhilde auch das friedenspolitische Engagement in Pax Christi Oberösterreich rund um Franz und Franziska Jägerstätter. Franziska erlebte sie als wunderbare, aus ihrem tiefen Glauben heraus unglaublich starke und empathische Frau. 

 „Ich durfte studieren und meine Wege gehen, das wünsche ich mir für alle Frauen“. Spiekermann wünscht sich aber auch, dass Frauen ihr Selbstbewusstsein nicht nur durch die Wertschätzung über Studium oder Karriere erfahren können, sondern dass die Arbeit für Kinder und Pflege endlich – auch finanziell- aufgewertet wird.

Ihre Kraft schöpft sie aus der Familie, aber auch die lebendige Pfarre Enns St. Laurenz ist ihr eine wichtige Stütze. So bezieht sie ihre Lebensfreude aus einer religiösen gemeinschaftlichen Grundhaltung an der Seite eines Mannes, der sie als mutig, ideenreich und weitblickend wahrnimmt.
 
Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht verändern. 

Name
Familie
Lieblingsort
Lebensmotto
Mein Ausgleich
Ich in drei Worten
Wenn ich einen Tag Frauenministerin wäre