Lange Zeit wurde mit dem Begriff Barock der Baustil in Verbindung gebracht, dass die Musik dieser Zeit immer mehr in den Blickpunkt eines breiteren Publikums rückt, ist auch der Violinistin und Dirigentin Michaela Gaigg zu verdanken. Als Kind hörte sie beim Besuch der Großmutter den Nachbarsbuben Geige spielen, damit war es um sie geschehen, das wollte sie auch können. Ein Violinstudium in Salzburg war die logische Folge, und hier kam es zu einem weiteren Schlüsselerlebnis, denn einer ihrer Lehrer war Nikolaus Harnoncourt, der Michi für die „alte Musik“ begeisterte.
Im Kammerensemble „London Baroque“, geleitet von Charles Medlam und Ingrid Seifert, machte sie ihre ersten und unverzichtbaren Erfahrungen. Später arbeitete sie mit vielen international namhaften Ensembles zusammen und gründete schließlich 1983 mit „L’Arpa Festante“ in München ihr erstes eigenes Orchester. Sie verbrachte viele Jahre im Ausland und kehrte 1996, bevor ihre Tochter Katharina in die Schule kam, nach Österreich zurück. Hier trat sie eine Lehrstelle an der Akademie für alte Musik der Anton Bruckner Privatuniversität Linz an und rief zusammen mit der Oboistin Carin van Heerden das „L’Orfeo Barockorchester“ ins Leben. Das Besondere, ja Einzigartige bei barocker Musik besteht in der Universalsprache der Töne der Klangrede, um 1850 wechselt die Musik von Sprechen ins Malen, der Stil wird subjektiver. „Am Beispiel von Opern Monteverdis kann man erkennen, wie sich diese Sprache der Leidenschaften und Affekte in der Musik entwickelt und jede Phase der Emotionalität ausdrücken kann,“ erklärt Gaigg den besonderen Zauber dieser Epoche. Um diese Geschichten vergangener Zeiten lebendig und überzeugender erklingen zu lassen, wird auf Instrumenten der Zeit und Nachbauten musiziert. Das L’Orfeo Barockorchester tut dies äußerst erfolgreich, glänzt mit Klangsensibilität und Ensembledynamik: „Wir haben 5 Jahre gebraucht, um zusammen zu wachsen, die menschliche Komponente ist uns neben hohem musikalischem Niveau sehr wichtig. Schöne Musik, Spontanität und Stabilität innerhalb des Ensembles kann nur in einer liebevollen und guten Atmosphäre entstehen.“ Gaigg führt das Orchester in einer Doppelfunktion, bei Auftritten in kleinerer Besetzung steht sie als leitende Violinistin vor, sind mehr als 20 MusikerInnen am Werk, wechselt sie ans Pult, um sich voll und ganz der Dirigenz zu widmen. Gaiggs besondere Liebe gilt der Oper und der geistlichen Musik, der Zusammenarbeit mit SängerInnen und Vokalensembles.
An der Uni Linz lehrte Michi Gaigg bis 2017 im Institut für Alte Musik, Barockgeige und Kammermusik. Über das Auswahlverfahren bei den Aufnahmeprüfungen meint sie: “Das erste Vorspielen ist entscheidend, meisten erkennt man schnell, ob jemand die nötigen Vorraussetzungen mitbringt.“ In Ihrer Leitung der Donaufestwochen im Strudengau steht die Verbindung alter und neuer Musik im Vordergrund, die gegenseitige Bereicherung von Vergangenheit und Gegenwart. Der Bogen spannt sich von Klangwelten des Mittelalters und der Renaissance bis zur Moderne.