MAS, MBA

Brunhilde Schram

Unternehmerin, Pionierin

Zu behaupten, Brunhilde Schram wäre lediglich Unternehmerin würde zu kurz greifen. Die aus Neumarkt im Mühlkreis stammende Pionierin ist nicht nur erfolgreiche Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens ECCOStandards & More KG und der AKL Wikom GmbH, sondern darüber hinaus Präsidentin des CSR Dialogforums, einer von den Vereinten Nationen akkreditierten und im Beraterstatus befindlichen Non-Profit-Organisation, Projektmanagerin und Nachhaltigkeitscoach. Die vielbeschäftigte Oberösterreicherin, die sich auf der ganzen Welt zuhause fühlt, hat es sich zum obersten Ziel erklärt, das bestehende Wirtschaftssystem weiterzuentwickeln und menschenwürdig zu gestalten. Besonders wichtig ist es ihr, Wirtschaft nachhaltig und zukunftsträchtig zu denken und Frauen in diesem Bereich eine Schlüsselrolle zukommen zu lassen. Dabei ist sich die Preisträgerin verschiedener Auszeichnungen im Bereich Bildung und Wirtschaft bewusst, wie essentiell es ist, als Wirtschaftstreibende in der Gesellschaft für Mut zur Veränderung zu sorgen, damit sich das bestehende System zum Besseren wenden kann. Für ihre unerlässlichen Bemühungen und ihr lebenslanges internationales Engagement, Wirtschaft neu zu gestalten, wird Brunhilde Schram im Dezember 2022 der Ehrentitel Dr. h. c. verliehen.

Interview

Frau Schram, wie würden Sie Ihren bisherigen Lebenslauf skizzieren?

Mein Lebenslauf ist kein geradliniger. Ich habe eine klassische Schulausbildung erhalten und habe danach eigentlich immer parallel studiert und gearbeitet. Mein Leben bestand bisher aus Bildung im Sinne eines lebenslangen Lernens. Ich habe die Abendschule besucht und bin danach vier Jahre ins Ausland gegangen, um international tätig sein zu können und hatte das Glück sehr gute Arbeitsstellen zu bekommen, was für Frauen damals gar nicht so selbstverständlich war. Damals habe ich mich auch sehr stark mit Frauenfragen auseinandergesetzt, war Mitarbeiterin bei der Frauenbewegung Österreich und habe ein Frauenzentrum gegründet. Ich habe dann außerdem im Bereich der Organisations- und Personalentwicklung Fuß gefasst und hier mehrere Ausbildungen absolviert, unter anderem ein gleichnamiges Masterstudium in Salzburg. Obwohl ich viele Berufsangebote bekommen habe, entschloss ich mich dazu, mich als Unternehmerin selbstständig zu machen und habe mehrere Firmen und Vereine gegründet. Dabei möchte ich Neues anstoßen, aufbauen und weitergeben, aber auch Menschen dazu motivieren, gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Bei meinen ersten beruflichen Schritten habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, seinen eigenen gesellschaftspolitischen Beitrag zu leisten und sich fortlaufend in sozialen Belangen einzusetzen.

In meinem Bereich ist es sehr wichtig, widerstandsfähig und resilient zu sein und einen langen Atem zu haben. Auch die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf war oftmals sehr schwierig.

Was ist Ihre heutige Position, wie definieren Sie Ihren Beruf/ihre Funktion im Unternehmen bzw. in der Öffentlichkeit?

Ich bin Geschäftsführerin zweier Unternehmen und Auditorin/Assessorin sowie Unternehmensentwicklerin. Ich verstehe mich als Innovatorin und Gestalterin für nachhaltiges Wirtschaften. Deshalb bin ich auch wirtschafts- und sozialpolitisch in vielen Bereichen sehr engagiert, auch international. Der Blick über Landesgrenzen hinweg ist für mich sehr wichtig! Mein Verständnis ist es, Menschen in der Zusammenarbeit zu fordern und zu fördern. In der Öffentlichkeit ist es mir wichtig, das Wirtschaftskonzept Nachhaltigkeit sichtbar und erlebbar zu machen. Ganz nach dem Motto: „Walk your Talk!“

Wie würden Sie Ihr Wirtschaftsverständnis beschreiben? Wie sollte unser Wirtschaftssystem Ihrer Meinung nach aussehen?

Für mich ist in diesem Zusammenhang Nachhaltigkeit ein äußerst relevanter Parameter. Ab der Jahrtausendwende begann ich mich vermehrt mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, wobei ich mich hier stark an den Vereinten Nationen orientiert habe. Nachhaltigkeit heißt für mich, Wirtschaft neu zu entwickeln, das bestehende System zu ändern und sich zu fragen: Wie können wir unsere Wirtschaft so gestalten, dass sie Probleme für die Gesellschaft löst? Diesbezüglich möchte ich auch einen kritischen Blick auf unser Wirtschaftssystem werfen und die Frage stellen, wie wir in Zukunft leben wollen. Ich habe viele Bücher geschrieben und war an einigen Projekten beteiligt, um aufzuzeigen welchen Einfluss die Wirtschaft auf unsere Gesellschaft hat. Ich arbeite sehr gerne gesellschaftspolitisch, weil ich der Meinung bin, dass jeder von uns in der Verantwortung ist, die Gesellschaft weiterzuentwickeln. Hier halte ich mich an Ghandis Zitat: „Be the change you want to be.” Wenn man in einer Führungsposition ist, ist es essentiell, sich um eine Vorbildwirkung zu bemühen, sich selbst zu beobachten und den Menschen Orientierung zu geben. Auch organisches Wachstum und Kooperation halte ich im Wirtschaftsbereich für sehr wichtig. Es braucht ein Wirtschaftskonzept, das ökologische und soziale Standards weltweit berücksichtigt und in welchem Frauen eine tragende Rolle innehaben – auch in der Führungsebene. Ebenso ist es wichtig, dass auch andere Kulturen Teil des Diskurses sind, weil dadurch andere Perspektiven berücksichtigt werden. Das ist mein Wunsch: Wirtschaft wieder menschenwürdig zu gestalten. Das ist für mich Nachhaltigkeit.

Haben Sie in Ihrer Tätigkeit je einen Unterschied zwischen Mann und Frau wahrgenommen bzw. wie wurden Sie in Ihrer Arbeit mit der Unterschiedlichkeit der Geschlechter konfrontiert?

Den Unterschied zwischen Mann und Frau im Business erlebe ich täglich, zumindest in meiner Erlebenswelt. Frauen denken und arbeiten anders: holistischer, über Generationen hinweg sowie folgenbewusster und agieren vielfach durchdachter, aber dadurch folglich auch oftmals weniger mutig, risikoaverser, würde ich sagen, stakeholderorientierter und orientieren sich eher am arbeitskulturellen Konzept des nachhaltigen Wirtschaftens. Dieses Wirtschaftskonzept schafft Rahmenbedingungen, die das Vertrauen und Teamarbeit im Sinne von Solidarität 2.0 fördern. Der Schutz der Umwelt wird miteinbezogen und dadurch wird vielfach ressourceneffizienter gehandelt, da es hier viel Kreativität und suffizientes Verhalten benötigt. Die Herangehensweise ist meist menschenorientierter.

Inwiefern denken beziehungsweise agieren Männer im Wirtschaftsbereich Ihrer Meinung nach anders?

Die Denkweise des anderen Geschlechts ist vielfach stark unterschiedlich, denn das auf das Effizienzparadigma ausgerichtete Wirtschaftskonzept der Linearwirtschaft benötigt kurzfristiges Denken und aufgrund der meist technischen Herangehensweise ist der Fokus auf kurzfristige Ergebnisse und Gewinnmaximierung ausgerichtet und wesentlich mehr auf die eigene Nutzenmaximierung ausgerichtet als auf den Mehrwert anderer Interessensgruppen.

„The old boys network“, die strategischen Seilschaften der Männer, funktionieren heute mehr denn je wieder grandios. Das muss man ganz klar und auch ohne Bewertung feststellen. Männer zeigen mehr strategische Netzwerkskunst und sind vielfach wesentlich besser aufgestellt, als es Frauennetzwerke jemals sein können. Zumindest war das über viele Jahre meine Beobachtung auf C-Level-Ebene, also bei hochrangigen Führungspositionen. Obwohl Frauen zumindest auf internationaler Ebene auf der C-Level-Ebene aufholen. Dort, wo es um Fachthemen geht, würde ich sagen, dass Frauen schon eine große Rolle spielen und vielfach gewürdigt werden.

In welchem Wirtschaftsbereich sehen Sie für Frauen eine gute Zukunftsperspektive?

Was mir auffällt, ist, dass das Thema Nachhaltigkeit eher Frauen zugeschrieben wird. Deshalb sehe ich in diesem Bereich eine große Karrierechance für Frauen – hier ist die Zeit für Frauen gekommen, auch auf der Führungsebene (Aufsichtsrätinnen, Vorständinnen und Geschäftsführerinnen).  Wenn sie etwas ändern wollen, etwas gestalten wollen, müssen sich die Frauen mehr zutrauen und ihre Einflusssphäre ausweiten, dann können sie hier viel erreichen. Hier gäbe es noch viel zu sagen, jedenfalls gehöre ich zu den Verfechter*innen von Diversität. Das konnte ich über die vielen Jahre beobachten: Sie sind definitiv die Erfolgreichsten, die wir auch in Zukunft benötigen, um unsere Welt zukunftsfähiger, sprich nachhaltiger zu gestalten.

Sind Sie in Ihrem beruflichen Werden je durch Ihr Frausein ausgebremst worden? Ausgebremst ist ein gutes Wort! Frau braucht schon eine enorme Widerstandsfähigkeit und Resilienz, um Projekte durchzubringen, wo Neid und Missgunst eine große Rolle spielen. Mir wurde nicht nur einmal mitgeteilt, dass es für mich günstiger wäre, unter dem Radar zu bleiben, um nicht ausgebremst oder offen angegriffen zu werden. Diese Guerillataktik habe ich bis heute beibehalten – was vielleicht ein Fehler war, denn dadurch ist meine Sichtbarkeit deutlich geringer, als sie sein könnte.

Meine MOTIVATION ist, … dass ich als treibende Kraft für ein nachhaltiges Wirtschafts- und Solidaritätskonzept agieren möchte – ganz nach Eric Schweitzer: „Bei allem, was man tut, das Ende zu bedenken, das ist Nachhaltigkeit“.

 

ANTRIEB ist mir … der Mut zum Wagnis und die Neugier, mich als Mensch weiterzuentwickeln. So kann mein Denken und Handeln beschrieben werden: Du gehst nicht nur auf eingetretenen Pfaden. Du tust nicht nur, was du schon immer getan hast. Du erwartest nicht schon vorher eine Erfolgsgarantie. Du bist bereit zum Risiko. Du liebst die Herausforderung. Und wenn einmal etwas nicht gelingt, dann hast du es wenigstens versucht.

 

In welchen Situationen Ihrer bisherigen Laufbahn hat man Ihnen Mut gemacht? Welche Bedeutung hat Mut für Sie?

Zusammenarbeit ist in heraufordernden Situationen entscheidend! Ich habe mehrfach zukunftsträchtige Angebote entwickelt und auf den Markt gebracht und wurde dann auf halber Strecke hängen gelassen. Wenn man Partner*innen zutiefst vertraut und plötzlich präsentieren diese Konzepte und Produkte als ihre eigenen, schmerzt das schon sehr. Deswegen ist es sehr wichtig, Geschäftspartner*innen zu haben, die zu einem stehen und einem Mut machen. Mutmachen ist für mich etwas ganz Wichtiges. Mutig sein heißt, sich für eine Sache einzusetzen, auch wenn es einmal nicht gelingt.

In welchem Bereich würden Sie jungen Frauen aus heutiger Sicht gerne Mut machen?
Frauen jeden Alters sollten ihre Stärken einsetzen und sich Bereiche suchen, für die sie brennen! Frauen können und müssen die Transformation in eine nachhaltige Zukunft mitgestalten, denn wir brauchen die besonderen Qualitäten im Denken und im Umgang mit Menschen, die besonders Frauen auszeichnen: vor allem Weitblick, Transparenz, Zusammenarbeit und Inklusion.

Name: Brunhilde Schram

Familienstatus: verheiratet

Lieblingsgericht: Kaiserschmarrn

Lebensmotto: Lebensfreude und das Leben als ein einziges Abenteuer zu betrachten, von dem man lernen kann.

Mein Ausgleich: Sport und Reisen

Ich in drei Worten: bodenständig, Pionierin, verbindlich

Wenn ich einen Tag Frauenministerin wäre, dann … hätte ich folgende Ideen umzusetzen:

1)     Einkommenstransparenz auf allen Ebenen verordnen sowie absolut gleichen Lohn für gleiche Arbeit, damit der Gender-Pay-Gap ein Ende findet.

2)     Eine neue Regelung der Karenzzeiten, damit Väter und Mütter sich zu gleichen Teilen um die Kinder kümmern können und Frauen damit auf ihrem Karriereweg nicht mehr benachteiligt sind.

3)     Frauenkarrieren in allen Bereichen fördern, damit wir nicht weiterhin mehr als 50% der Arbeitskräfte ungleich behandeln – zur Not mit Frauenquoten.

4)     Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen erhöhen, das Angebot an Frauenhäusern ausbauen.

5)     Maßnahmen gegen Altersarmut ausarbeiten, denn diese ist vorwiegend weiblich.

Name
Familie
Lieblingsort
Lebensmotto
Mein Ausgleich
Ich in drei Worten
Wenn ich einen Tag Frauenministerin wäre