Sarah Deckenbacher

Geschäftsführerin der oberösterreichischen Organisation „SOSMenschenrechte“

Es könnte ihr in den Genen liegen, weil ihre Mutter Krankenschwester in einer Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigung ist. Oder sie hatte einfach ein gutes weibliches Vorbild mit sozialer Stärke: Sarah Deckenbacher (geb. Kotopulos) engagiert sich schon seit jungen Jahren für Chancengleichheit, Integration, Gleichstellung aller Menschen egal welchen Ursprungs und der sozialen Arbeit im Kern des Geschehens.
Die gebürtige Steirerin und Wahloberösterreicherin führte 2006 das Studium für Soziale Arbeit ins Land ob der Enns. Noch während der Ausbildung gründete sie den Verein „BRAVEAURORA“, der ehrenamtlich in Nordghana die Reintegration von Kindern in ihre Ursprungsfamilien begleitet. Hauptberuflich ist sie Geschäftsführerin der oberösterreichischen Organisation „SOSMenschenrechte“.

Interview

Seit 2014 sind Sie Geschäftsführerin von „SOS-Menschenrechte“. Welche Projekte und Tätigkeiten werden dort umgesetzt?

Ich bin gemeinsam mit meinem Team verantwortlich für das Haus der Menschenrechte in Linz. Dort verschreiben wir uns der Betreuung von minderjährigen, geflüchteten Mädchen und Burschen wie auch erwachsenen Asylsuchenden.
Wir betreiben eine Kombination aus direkter Hilfe, wichtigen Integrationsprojekten und Menschenrechtsbildung. Themen wie Asyl und Flucht, Zivilcourage, Geschlechterbilder, das Prinzip Demokratie sowie Workshops für Schulen, Universitäten, Firmen sind unser Kerngeschäft.

 

Ihr Werdegang war stets von sozialem Engagement geprägt. Sie haben früh geführt.

Im Alter von 23 Jahren war ich bereits Jugendzentrumsleiterin, also von Anfang an immer in leitender Tätigkeit. Führen hat dabei immer etwas mit Denken und Fühlen zu tun. Ich baue gern Beziehungen auf und schaffe Verbindungen.

Entscheidungen zu treffen, Vorbild zu sein und Teams zu gewinnen sind dabei zentrale Punkte.
Man kann nicht per Funktion Führungskraft sein, man muss immer ein Team haben, das einem vertraut und folgt. Bei uns Frauen kann das ein Problem sein, weil wir uns manchmal unter Wert verkaufen oder Angst haben andere zu enttäuschen.

 

Haben Sie dabei Ihr „Frau-sein“ jemals als Nachteil geortet?

Als Frau ist es in Führungspositionen sicher schwieriger, weil auch in meinem Bereich großteils Männer dominieren, in Aufsichtsräten und an Firmenspitzen sind sie immer noch mächtig. Jungen Frauen möchte ich da mitgeben: Führen kann geübt werden, wir sollten kooperative Bündnisse bilden und die Wichtigkeit des Vernetzens nicht unterschätzen.

 

Was hat Ihnen auf Ihrem Weg Mut gemacht?

Anzuerkennen, dass wir als Mangelwesen auf die Welt kommen. Das ist ganz normal. Wir sollten nicht gegen, sondern mit den Widerständen arbeiten und die Chancen im Unbehagen entdecken. Mut haben mir aber auch immer Frauen meines Umfelds gemacht.

Christin und Julia etwa (Anm. Mitbegründerinnen von „BRAVEAURORA“), die immer Vertrauen in mich hatten, mein Ehemann der stets ehrliches Feedback gibt und eine grandiose Supervisorin, die mich jahrelang begleitet.

 

Wie machen Sie anderen Menschen Mut?

Ich versuche, ein Vorbild zu sein. Vor allem in der Gesellschaft ist es wichtig, für Menschenrechte einzustehen, Systemgrenzen aufzuzeigen und moralische Verantwortung zu leben. Außerdem möchte ich andere Menschen immer ermutigen nicht aufzugeben Neues auszuprobieren und Fehler zuzulassen.
Niemand ist perfekt. Wir müssen immer versuchen einander zu spüren. So etwas trägt man dann in sich, es ist eine Haltung.

 

Wie würden Sie anderen jungen Frauen gerne Mut machen?

Ich möchte sie anspornen Beziehungen aufzubauen und Netzwerke zu schaffen. Es ist nicht nur wichtig zu tun und tüchtig zu arbeiten, sondern auch wen du kennst. Schließt euch zusammen, seid neugierig und redet miteinander! Das ist einer der wichtigsten Ratschläge, den ich geben kann.

 

Was macht für Sie Ihre Faszination an Ihrem Beruf aus?

… dass er Sinn macht! Jeden Tag. Der Dienst an dieser Sache motiviert mich, auch wenn er Computerarbeit und Budgeterstellung mit sich bringt. Ich wüsste nichts, was erfüllender als Menschenrechtsarbeit und Kinderschutz ist.

 

Mit ihrem ehrenamtlichen Verein, dem sie vorstehen – „BRAVEAURORA“ – unterstützen Sie Menschen in Ghana – wie genau?

Während meiner Zeit an der Fachhochschule für Soziale Arbeit war ich im Zuge eines Auslandspraktikums nach nur einem Jahr Ausbildung und null vorbereitet nach Ghana gereist. Was ich dort vorfand war eine furchtbare Situation, das war für mich lebensverändernd.  Kinder lagen fiebernd und unterernährt unter Bäumen. Als 21-Jährige bin ich dort gestanden und mir war klar, dass wir helfen müssen. Per E-Mail haben wir, meine Kolleginnen und ich, schließlich Freunde und Verwandte informiert und um Spenden gebeten. Irgendwie wurden die Medien auf uns aufmerksam. Und plötzlich hatten wir eine großartige Summe auf unseren Privatkonten, mit der wir vor Ort helfen konnten. So entstand der Verein, das war der Startschuss.

Seit 2008 schlägt mein Herz also für Ghana, seit 2009 gibt es den Verein, heute haben wir dort 12 ghanaische MitarbeiterInnen und gelten als Pionierinnen im Aufbau von Reintegrationsprojekten von Kindern in ihre erweiterten Herkunftsfamilien. Das bedeutet: Viele Kinder wurden nach dem Verlust eines Elternteils oder aufgrund von Armut in Waisenhäuser gesteckt, dahinter steckt oftmals ein milliardenschweres Business. Wir hingegen versuchen, die Kinder zu ihren Ursprungsfamilien zurückzubringen, diese Netzwerke zu stärken und mit Berufsausbildungen zu unterstützen, damit sie ihre Familie ernähren können.

Wir finanzieren Trainings und Ausbildungen, leisten Starthilfe zur Selbsthilfe. Für diese Menschen ist es wichtig, keine Abhängigkeiten zu schaffen und als Verein so wenige Spuren wie möglich zu hinterlassen, wenn man sich danach wieder zurückzieht. Die Armut ist hoch. Wir bleiben dran und bringen in Ghana vorhandenes Material zur selbstständigen Arbeit sowie lokales Knowhow in die entlegenen Dörfer. Das alles wäre aber ohne Spenden nicht möglich.

 

Mut macht mir …

…wenn ich heute erwachsene Frauen treffe, die es dank unserer Unterstützung in die selbstermächtigte Lebenssituation geschafft haben.

 

Name: Sarah Deckenbacher

Familienstatus: Verheiratet

Mein Lebensmotto: Leonhard Cohen „There is a crack in everything, that´s how the lights get in“, frei übersetzt „Überall gibt es Risse, so dringt das Licht hinein“

Mein Ausgleich: Singen, Musik, Natur

Ich in drei Worten: Singen, Musik, Natur

Name
Sarah Deckenbacher
Familie
Verheiratet
Lieblingsort
Lebensmotto
Leonhard Cohen „There is a crack in everything, that´s how the lights get in“, frei übersetzt „Überall gibt es Risse, so dringt das Licht hinein“
Mein Ausgleich
Singen, Musik, Natur
Ich in drei Worten
Singen, Musik, Natur
Wenn ich einen Tag Frauenministerin wäre
dann würde ich Zukunftsarbeit leisten und Mütter in Erwerbstätigkeit wie auch Führungspositionen durch Strukturwandel und ausreichend Kinderbetreuung stärken.