Gelaufen ist Theresia Kiesl, Jahrgang 1963, immer schon gerne. Als kleines Mädchen hat sie bei Wettrennen im Dorf so manchen Burschen abgehängt. Ihre sportliche Karriere begann die gebürtige Mühlviertlerin bei einem Geländelauf in Rohrbach, bei dem sie anstatt ihrer erkrankten Schwester an den Start ging und prompt Siegerin in ihrer Altersklasse wurde.
1988 machte sie ihr Hobby, den Laufsport, zum Beruf und konzentrierte sich fortan auf die Mittelstrecke (1000 bis 3000 Meter). Enormer Trainingsfleiß, Ausdauer, gute Taktik und das richtige Timing brachten Kiesl an die Weltspitze und sie krönte ihre Karriere 1996 in Atlanta mit einer olympischen Bronzemedaille und 1998 mit Gold bei der Hallen-Europameisterschaft in Valencia. Für diese erste Olympiamedaille einer österreichischen Leichtathletin seit Ilona Gusenbauer 1974 wurde sie zur Sportlerin des Jahres gewählt. Sie war von 1989 bis 1993 österreichische Meisterin im 800-Meter-Lauf und über 1500 Meter mehrere Male zwischen 1989 und 1997. Nach 22 Jahren sind ihre Rekorde noch immer ungebrochen. Sie meint jedoch, dass es an der Zeit wäre, dass sie abgelöst wird.
„Die Medaillen waren der Lohn für die große Anstrengung und die vielen Entbehrungen, die im Hochleistungssport erforderlich sind”, sagt die zweifache Mutter, die neben 100 Kilometern Laufpensum pro Woche auch noch den Haushalt führte und im Fitnesscenter ihres damaligen Mannes arbeitete. „Rückblickend bin ich auf meine Leistungen sehr stolz. Der Sport hat mein Leben sehr positiv geprägt und mir Türen geöffnet“, so die Trägerin des Goldenen Verdienstzeichens der Republik Österreich, das ihr 1996 verliehen wurde. „Ich möchte allen jungen Sporttalenten MUT machen, Leistungssport zu betreiben. Der Sport ist eine tolle Lebensschule.“ 1998 beendete sie ihre erfolgreiche Karriere, um wieder mehr Zeit für ihre Familie, besonders für Tochter Theresa und Sohn Kevin, zu haben. Zudem konnte sie sich einen lang ersehnten Kindheitstraum erfüllen: ein eigenes Pferd.
In der Legislaturperiode von 2003 bis 2009 war Theresia Kiesl Abgeordnete im Oberösterreichischen Landtag für die ÖVP und engagierte sich ehrenamtlich als Präsidentin des Oberösterreichischen Leichtathletikverbandes und als Obfrau des Hilfswerks Kirchschlag.
Heute wohnt Kiesl in Kirchschlag bei Linz und arbeitet in der oberösterreichischen Landessportdirektion auf der Linzer Gugl. Sie betreut die KadersportlerInnen des Olympiazentrums Sportland Oberösterreich und organisiert die Kindergarten-Olympiade, die Kindern zeigen soll, wie schön Bewegung sein kann. Ihre Freizeit widmet sie trotz eines schweren Reitunfalles im Jahr 1999 dem Pferdesport. Sie startet erfolgreich bei nationalen und internationalen Distanz-Turnieren und bildet junge Pferde aus. In ihrer Heimatgemeinde Sarleinsbach wurde ihr der Theresia-Kiesl-Weg, ein knapp neun Kilometer langer Wanderweg, gewidmet.
„Der Sport hat mein Leben sehr positiv geprägt“